Mit meinem Newsletter „Rechnungsstellung – machen Sie Ihre Rechnung nicht ohne das BGB“ habe ich über den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (Drucksache 196/20) hingewiesen. Dieses Gesetz wird nun zum 01.10.2021 in Kraft treten.
Ein zwingender Anlass zum einen die Abläufe (von Rechnungsstellung bis zum Mahnverfahren), zum anderen die verwendeten Rechnungsformulare und Mahnschreiben zu überprüfen und ggf. anzupassen. Insbesondere bei der Abrechnung mit Selbstzahlern und Privatversicherten wirkt sich dies günstig aus.
Darüber hinaus geben die jüngsten Gesetzesänderungen Anlass die im Rahmen der Patientenaufnahme verwendeten Vertragsmuster und die Aufnahme – Entlassprozesse zu überprüfen.
Durch eine Optimierung der Rechnungstellung und des Forderungsmanagements – vor allem bei Privatpatienten – konnten wir bereits für einige Mandanten eine deutliche Verkürzung der Laufzeiten von der Rechnungstellung bis zum Zahlungseingang und damit eine erhebliche Verbesserung der Liquidität erreichen.
Die Voraussetzungen des Verzugs richten sich nach den §§ 280, 286 BGB:
– das Bestehen eines Anspruchs
– die Leistung muss möglich sein (bei einer Geldschuld ist das
grundsätzlich immer der Fall)
– Schuldner hat nicht geleistet
– der Anspruch muss fällig sein
– der Anspruch wurde gemahnt oder die Mahnung ist entbehrlich:
Formulierungen von Rechnungen und Mahnungen
Eine Mahnung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber eine Mahnung schriftlich vorzunehmen. Auch die Anzahl der Mahnungen ist nicht vorgeschrieben.
In der Praxis hat es sich eingespielt, bis zu drei Mahnungen vorzunehmen. Dabei sollte ein Gläubiger nicht den Fehler machen und die Mahnschreiben als „erste“ oder „zweite“ Mahnung usw. bezeichnen. Dadurch wäre für den Schuldner ersichtlich, dass noch weitere Mahnungen folgen bevor ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet oder Klage erhoben wird.
Weiter verschafft das Verschicken von mehreren Mahnungen dem Schuldner einen Zeitvorteil und erhöht bei Schuldnern, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden, das Risiko eines Zahlungsausfalls. Es wäre daher zielführender ggf. nur eine einzige deutlich formulierte Mahnung auszusprechen.
Schon eine einzige Mahnung kann entbehrlich sein und die Forderungsbeitreibung enorm beschleunigen, nämlich aufgrund der 30-Tage-Regelung: Das Gesetz bestimmt, dass der Schuldner einer Entgeltzahlung spätestens dann in Verzug kommt, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung bezahlt.
In diesem Fall muss der Schuldner in der Rechnung auf den eintretenden Verzug hingewiesen werden. Ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klinik reicht nicht aus.
Durch Formulierungen in der Rechnung sollten Schuldnern nicht ungewollt Zahlungsaufschub gewährt werden, wie dies z. B. der Fall wäre mit dem Hinweis „fällig innerhalb von 15 Tagen“.
Besser daher: „Der Rechnungsbetrag ist sofort ohne Abzug fällig“.
Auch das doppelte Verwenden von Formulierungen kann missverständlich sein und ggf. dazu führen, dass der Verzug nicht ausgelöst wird.
II. Verzugsschaden
Verzugszinsen
Der Gläubiger hat ab Eintritt des Verzugs Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen gegenüber Verbrauchern in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz, gegenüber Unternehmen sogar 9 Prozentpunkten über Basiszinssatz. Der Basiszinssatz ändert sich jeweils zum 01. Januar und zum 01. Juli eines Jahres. Die aktuellen Zinssätze können bei der Bundesbank abgefragt werden.
Mahnkosten
Grundsätzlich bestimmt sich die Höhe der Mahnkosten nach dem Sachaufwand. Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass der Gläubiger seinen eigenen Arbeits- und Zeitaufwand nicht vom Schuldner ersetzt verlangen kann. Dies gilt selbst dann, wenn eigenes Personal eingesetzt wird. (BGH, Beschluss 20.09.2016 – VIII ZR 239/15).
Vorsicht ist auch bei der Verwendung von AGB-Klauseln geboten, die etwa pauschale Mahngebühren festlegen: Diese sind in aller Regel unwirksam!
III. Mahngericht, Streitgericht
Wurde eine Behandlung erfolglos angemahnt, so kann durch die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens eine schnelle und wirksame Beitreibung erreicht werden.
Mahngericht
Das gerichtliche Mahnverfahren wird unabhängig von der Forderungshöhe bei den Amtsgerichten durchgeführt, in Bayern das Zentrale Mahngericht beim Amtsgericht Coburg.
Das Mahngericht prüft nicht, ob Forderungen berechtigt sind. Daher sind mit dem Antrag keine Anlagen, wie Rechnungen, Mahnungen, Behandlungsverträge, Wahlleistungsvereinbarungen) oder Begründungen vorzulegen.
Streitgericht
Bereits im Mahnantrag gibt der Gläubiger das zuständige Streitgericht an. Auch diese Angabe prüft das Mahnbericht nicht.
Ist die Angabe des Streitgerichts unzutreffend, kann sie nicht einfach nachträglich „korrigiert“ werden; es müsste bei falscher örtlicher Zuständigkeit des Streitgerichts ein formeller Abgabeantrag gestellt werden. Hier könnten Gerichtskosten doppelt anfallen, die der Schuldner nur einfach zu ersetzen hat, da er für fehlerhafte Angaben im Mahnantrag nicht verantwortlich ist.
Erhebt der Schuldner also Widerspruch gegen einen Mahnbescheid oder Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid:, wird der Gläubiger zunächst zur Zahlung der Gerichtskosten aufgefordert und sodann weiter aufgefordert, seinen Anspruch gegenüber dem zuständigen Streitgericht zu begründen, die entsprechenden Unterlagen die seinen Anspruch beweisen vorzulegen. Hier kommen die hinter der Rechnung stehenden Formulare zum Tragen.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der Klinik (§29 Abs. 1 ZPO und BGH Beschluss 08.12.011, Az.: III ZR 114/11). Aktuell erscheint der Beschluss des AG Lüdenscheid vom 19.11.2020, Az.: 93 C 75/20 (rechtskräftig) wonach Forderungen eines Krankenhauses gegen einen Patienten aus einer stationären Behandlung am Wohnort des Patienten geltend zu machen seien. Um hier auf der sicheren Seite zu stehen, sollten Angaben zum Erfüllungsort in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klinik vereinbart sein.
IV. Aktuell und regelmäßig juristisch geprüfte Formulare schaffen Sicherheit
Die verwendeten Formulare von Rechnung, Mahnung bis hin zu Wahlleistungs-vereinbarungen, Behandlungsverträgen/Krankenhausaufnahmeverträgen und Allgemeine Geschäftsbedingungen sollten daher regelmäßig juristisch geprüft werden.
Einen besonderen Anlass dafür stellt nach unserer Auffassung das am 29.10.2020 in Kraft getretene Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) dar. Auf dieser Grundlage wurden in § 19 Abs. 1 der Verordnung zur Verwaltung des Strukturfonds im Krankenhausbereich (Krankenhausstrukturfonds-Verordnung KHSFV) Fördertatbestände für die Inanspruchnahme von Fördermitteln definiert.
Gem. §§ 5 Abs. 3h KHEntgG, 5Abs. 6 S. 2 BPflV können die Krankenkassen ab dem 01.01.2025 in den Budgetverhandlungen die Vereinbarung eines Abschlages von bis zu 2 Prozent des Rechnungsbetrages für jeden voll- und teilstationären Fall verlangen, sofern das Krankenhaus nicht sämtliche in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 6 KHSFV aufgezählten Dienste bereitstellt.
Da man auf der anderen Seite damit auch seine Aufnahme- und Entlassungsprozesse optimieren kann, liegt es nahe, dass man insbesondere den Fördertatbestand des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KHSFV in Angriff nimmt und ein Patientenportal für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement einrichtet, welches einen digitalen Informationsaustausch zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsempfängern sowie zwischen den Leistungserbringern, den Pflege- oder Rehabilitationseinrichtungen und den Kostenträgern vor, während und nach der Behandlung im Krankenhaus ermöglicht.
Welche inhaltlichen Bestandteile für die Schaffung eines solchen Patientenportals unverzichtbar sind, mag derzeit noch zu diskutieren sein. Die Möglichkeit den Patienten – insbesondere bei elektiven Behandlungen – über das Portal einen Zugang zu den Vertragsformularen für die Behandlung zu verschaffen dürfte jedenfalls sinnvoll sein. Sie können bereits im Vorfeld alle wichtigen Informationen zum Behandlungsvertrag (insbesondere AVB, Wahlleistungsvereinbarung und Wahlleistungsinformationen und Informationen und Erklärungen zum Datenschutz, Informationen zur geplanten Behandlung) erhalten. Damit kann der Aufnahmeprozess vor Ort deutlich entlastet werden.
Will man davon profitieren, so sollten die bislang verwendeten Formulare – unabhängig davon, wann sie zuletzt überarbeitet worden sind – dringend inhaltlich und auch juristisch überprüft werden. Ebenso sollten die Prozesse bei Aufnahme und Entlassung überprüft werden.
Zu bedenken ist, dass die von der DKG zur Verfügung gestellten Musterformulierungen nicht den Anspruch erheben können, die konkreten rechtlichen Bedürfnisse in jedem Krankenhaus vollständig abzubilden. Sie können allenfalls als Checkliste verwenden werden und ersetzen nicht eine individuelle inhaltliche und juristische Überprüfung im jeweiligen Einzelfall.
V. Zukunftssicher aufstellen, Zahlungseingänge beschleunigen
Es sollte zunächst intern geprüft werden
– welche Formulare (Rechnung, Mahnung, Behandlungsvertrag
Wahlleistungsvereinbarungen, AGBx) aktuell verwendet werden
– wie der aktuelle Ablauf von Rechnungsstellung über Mahnung(en)
bis Mahnverfahren derzeit gestaltet ist.
Das Mahnverfahren ist in einer Klinik, wenn die Mitarbeiter entsprechend eingearbeitet und geschult sind durchaus gut zu handhaben. Grundvoraussetzung sind und bleiben hier aber immer die Formulare und ein erfahrenes, kontinuierlich im gerichtlichen Mahnwesen geschultes Team.
Gerne können wir für Sie das gesamte Mahnwesen von der Mahnung bis zur Zwangsvollstreckung übernehmen.
Für eine persönliche, individuelle Beratung stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung:
Lassen Sie uns gemeinsam auf Ihre Formulare schauen,
damit Sie bei der Forderungsbeitreibung nicht das Nachsehen haben.
Jens Wernick
Rechtsanwalt
Telefon: 0 89 / 64 20 74 30
E-Mail: jens.wernick@wernick-ius.de