Wie bereits im Newsletter „Rechnungsstellung – machen Sie Ihre Rechnung nicht ohne das BGB“ angekündigt wurde, tritt das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht ab dem 01.10.2021 in Kraft.
Hauptanliegen der Inkassorechtsreform:
I. Niedrigere Inkassokosten
Inkassodienstleister, die keine Rechtsanwälte sind, müssen sich nach Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfung registrieren lassen (§ 10 RDG-E). Es wird geregelt, wann eine Eignung/Zuverlässigkeit i.d.R. zu versagen ist.
Darüber hinaus werden die Rechte der Aufsichtsbehörden über Inkassodienstleister erweitert und gestärkt (§ 13e RDG-E).
Außerdem geplant: Ein schärferes Auge darauf, wer Inkasso betreibt.
II. Höhere Transparenz für den Verbraucher darüber, welche Folgen nicht rechtzeitige Zahlung oder eine Zahlungsvereinbarung haben
Ärzte und Kliniken sollten sich daher mit der bevorstehenden Rechtsänderung auseinandersetzen und insbesondere ihre bisher verwendeten Rechnungsformulare und die Organisation ihres Forderungsmanagements überprüfen.
1. Hinweispflichten (288 BGB-E):
Patienten sollen vor Verzugseintritt über mögliche rechtliche und damit verbundene wirtschaftliche Folgen ihrer Nichtleistung aufgeklärt werden. Sie sollen nur dann zum Ersatz der Kosten eines Anwalts oder einer Anwältin beziehungsweise eines Inkassodienstleisters verpflichtet sein, wenn sie rechtzeitig (vor Eintritt des Schuldnerverzugs) auf diese Rechtsfolgen hingewiesen worden sind:
„§ 288 Abs. 4 BGB:
Ist der Schuldner Verbraucher und der Gläubiger Unternehmer und sind dem Gläubiger durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder Inkassodienstleisters als Verzugsschaden ersatzfähige Kosten entstanden, so kann der Gläubiger diese Kosten nur ersetzt verlangen, wenn er den Schuldner auf die mögliche Ersatzpflicht hingewiesen hat. Der Hinweis muss klar und verständlich in Textform erteilt werden und leichte erkennbar sein. Erfolgen muss er
- Rechtzeitig vor Eintritt des Verzugs
- Unter Setzung einer angemessenen Frist zur Leistung.
In den Fällen des Satzes 3 Nummer 2 kann der Gläubiger nur Kosten ersetzt verlangen, die nach Ablauf der Frist entstanden sind.“
Belehrt die Praxis bzw. die Klinik den Patienten rechtzeitig vor dem Eintritt des Schuldnerverzugs, so kommt es zu den gleichen Rechtsfolgen, nämlich dass der Patient (Schuldner) die Kosten der Beauftragung eines Inkassounternehmens ODER eines Rechtsanwalts als Verzugsschaden zu tragen hat.
Belehrt die Praxis bzw. die Klinik den Patienten nicht bzw. nicht rechtzeitig vor dem Eintritt des Schuldnerverzugs, so müssen Schuldner die genannten Rechtsverfolgungskosten (insbesondere Inkasso- und Rechtsanwaltskosten) nicht ersetzen; die Kostentragung liegt sodann bei der Klinik bzw. der Praxis selbst.
Lediglich die übrigen Rechtsfolgen des Verzugs treten ein, wie insbesondere die verschärfte Haftung nach § 287 BGB sowie die Verpflichtungen zur Zahlung von Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und zum Ersatz eines sonstigen Verzögerungsschadens gemäß den §§ 280, 286 BGB. Ebenso unberührt bleiben auch die an den Eintritt des Verzugs anknüpfenden Rechtsvorschriften in anderen Teilen des BGB und in anderen Gesetzen, wie beispielsweise § 543 Absatz 2 Nummer 3 BGB.
2. Gleichbehandlung von Anwaltschaft und Inkassodienstleistern
Im Bereich der außergerichtlichen Rechtsdurchsetzung und im Zwangsvollstreckungsverfahren können Inkassodienstleister dieselben Kosten geltend machen wie Anwältinnen und Anwälte. Anders bislang im gerichtlichen Mahnverfahren. Hier waren die erstattungsfähigen Kosten auf 25 Euro gedeckelt. Dies soll sich nun ändern, so dass Inkassodienstleister in Bezug auf ihre Kostenansprüche auch hier Anwältinnen und Anwälten vollständig gleichgestellt werden.
3. Doppelbeauftragung von Inkassodienstleister und Anwalt (13c RDG-E):
Werden vom Gläubiger während des Verfahrens sowohl ein Inkassodienstleister als auch eine Anwältin oder ein Anwalt eingeschaltet, obwohl die vorgenommenen Tätigkeiten genauso gut nur von einem der beiden hätten vorgenommen werden können, so besteht künftig nur ein Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner auf Erstattung derjenigen Kosten, die bei Einschaltung nur der Anwältin oder des Anwalts oder nur des Inkassodienstleisters entstanden wären. Es sei denn, es lagen ausnahmsweise besondere Gründe für einen Wechsel vor.
Ausnahme:
Der Anwalt oder die Anwältin werden nach Bestreiten der Forderung durch den Schuldner beauftragt.
Vor allem sind jedoch Ihre Rechnungsformulierungen kritisch und genauestens zu prüfen, um den Patienten (Schuldnern) nicht ungewollt Zahlungsaufschübe zu gewähren oder gar durch fehlende, rechtssichere Hinweise (u. a. auf Verzug und Kostentragungspflicht) der Erstattung von Inkasso- oder Rechtsanwaltsgebühren verlustig zu gehen.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen für eine persönliche Beratung zur Verfügung.
Jens Wernick
Rechtsanwalt
Telefon: 0 89 / 64 20 74 30
E-Mail: jens.wernick@wernick-ius.de