Auch wenn die Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen überwiegend durch die Krankenkassen oder Kassen(zahn)ärztlichenvereinigungen erfolgen, so sind Privatpatienten, die Ihre Rechnungen nicht zahlen ein leidiges Thema.
Erfahrungen haben gezeigt, dass durch ein effektives Forderungsmanagement im Bereich der Privatpatienten und Selbstzahler die Liquidität erheblich verbessert und Zinsausfälle vermieden werden können.
Oftmals wird die Forderungsbeitreibung durch die Gläubiger selbst oder Inkassounternehmen betrieben.
Musterformulierungen bzw. –vorlagen erfreuen sich nicht selten großer Beliebtheit und sind augenscheinlich eine kostengünstige Alternative zur individuellen Gestaltung und Überprüfung verwendeter Formulare (Rechnung, Mahnung, Wahlleistung usw.) durch einen Rechtsanwalt.
Dennoch führt in vielen Fällen der Weg am Anwalt nicht vorbei und es entstehen weitere Kosten.
I.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht will u. a. die doppelte Inanspruchnahme von Schuldnern durch Inkassounternehmen und Rechtsanwälte ausschließen und das Bewusstsein der Schuldner für die Folgen einer Nichtzahlung und der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses stärken und sieht daher u. a. und insbesondere Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und der Zivilprozessordnung (ZPO) vor.
Dieser Gesetzentwurf wurde am 22.04.2020 vom Kabinett beschlossen. Am 01.07.2020 fand die 1. Beratung im Bundestag statt. Hierauf erfolgte die Überweisung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, welcher am 25.11.2020 darüber beschließt. Am 18.12.2020 könnte sodann die abschließende Beratung im Bundestag erfolgen und das Gesetzgebungsverfahren noch 2020 abgeschlossen werden.
Ärzte und Kliniken sollten sich daher mit der bevorstehenden Rechtsänderung auseinandersetzen und insbesondere ihre bisher verwendeten Rechnungsformulare und die Organisation ihres Forderungsmanagements überprüfen.
1. Hinweispflichten (288 BGB-E):
Patienten sollen vor Verzugseintritt über mögliche rechtliche und damit verbundene wirtschaftliche Folgen ihrer Nichtleistung aufgeklärt werden. Sie sollen nur dann zum Ersatz der Kosten eines Anwalts oder einer Anwältin beziehungsweise eines Inkassodienstleisters verpflichtet sein, wenn sie rechtzeitig (vor Eintritt des Schuldnerverzugs) auf diese Rechtsfolgen hingewiesen worden sind.
Belehrt die Praxis bzw. die Klinik den Patienten rechtzeitig vor dem Eintritt des Schuldner-
verzugs, so kommt es zu den gleichen Rechtsfolgen, nämlich dass der Patient (Schuldner)
die Kosten der Beauftragung eines Inkassounternehmens ODER eines Rechtsanwalts als
Verzugsschaden zu tragen hat.
Belehrt die Praxis bzw. die Klinik den Patienten nicht bzw. nicht rechtzeitig vor dem Eintritt des Schuldnerverzugs, so müssen Schuldner die genannten Rechtsverfolgungskosten (insbesondere Inkasso- und Rechtsanwaltskosten) nicht ersetzen; die Kostentragung liegt sodann bei der Klinik bzw. der Praxis selbst.
Lediglich die übrigen Rechtsfolgen des Verzugs ein, wie insbesondere die verschärfte Haftung nach § 287 BGB sowie die Verpflichtungen zur Zahlung von Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und zum Ersatz eines sonstigen Verzögerungsschadens gemäß den §§ 280, 286 BGB. Ebenso unberührt bleiben auch die an den Eintritt des Verzugs anknüpfenden Rechtsvorschriften in anderen Teilen des BGB und in anderen Gesetzen, wie beispielsweise § 543 Absatz 2 Nummer 3 BGB.
2. Gleichbehandlung von Anwaltschaft und Inkassodienstleistern
Im Bereich der außergerichtlichen Rechtsdurchsetzung und im Zwangsvollstreckungsverfahren können Inkassodienstleister dieselben Kosten geltend machen wie Anwältinnen und Anwälte. Anders bislang im gerichtlichen Mahnverfahren. Hier waren die erstattungsfähigen Kosten auf 25 Euro gedeckelt. Dies soll sich nun ändern, so dass Inkassodienstleister in Bezug auf ihre Kostenansprüche auch hier Anwältinnen und Anwälten vollständig gleichgestellt werden.
3. Doppelbeauftragung von Inkassodienstleister und Anwalt (13c RDG-E):
Werden vom Gläubiger während des Verfahrens sowohl ein Inkassodienstleister als auch eine Anwältin oder ein Anwalt eingeschaltet, obwohl die vorgenommenen Tätigkeiten genauso gut nur von einem der beiden hätten vorgenommen werden können, so besteht künftig nur ein Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner auf Erstattung derjenigen Kosten, die bei Einschaltung nur der Anwältin oder des Anwalts oder nur des Inkassodienstleisters entstanden wären. Es sei denn, es lagen ausnahmsweise besondere Gründe für einen Wechsel vor.
Ausnahme:
Der Anwalt oder die Anwältin werden nach Bestreiten der Forderung durch den Schuldner beauftragt.
II.
Die Grundvoraussetzungen für ein Zahlungsverlangen bleiben unverändert:
- Das Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung
- Dieser Anspruch muss fällig sein.
Allerdings führt allein die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs noch nicht zum Eintritt des Verzugs. Die Voraussetzungen des Verzugs richten sich nach den §§ 280, 286 BGB.
Um also für die Zukunft und das Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht sicher aufgestellt zu sein und somit zum einen zeitnahe Zahlungseingänge zu sichern und zum anderen entstehende Anwaltskosten im Mahnverfahren auch weiterhin als Verzugsschaden gegenüber Schuldner geltend machen zu können, ist es nötig, dass Sie Ihre internen Abläufe – von der Rechnungsstellung bis ggf. zum Zwangsvollstreckungsverfahren – genau analysieren und ggf. anpassen.
Vor allem sind jedoch Ihre Rechnungsformulierungen kritisch und genauestens zu prüfen, um den Patienten (Schuldnern) nicht ungewollt Zahlungsaufschübe zu gewähren oder gar durch fehlende, rechtssichere Hinweise (u. a. auf Verzug und Kostentragungspflicht) der Erstattung von Inkasso- oder Rechtsanwaltsgebühren verlustig zu gehen.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen für eine persönliche Beratung zur Verfügung.
Jens Wernick
Rechtsanwalt
Telefon: 0 89 / 64 20 74 30
E-Mail: jens.wernick@wernick-ius.de