Papierflut eindämmen – Elektronische Dokumentation und Archivierung in Krankenhäusern

Tragen Sie sich mit dem Gedanken, Ihre medizinische Dokumentation und Archivierung aufgrund der immer größer werdenden Papierflut künftig noch stärker elektronisch abzuwickeln?

Im Grundsatz kann ein elektronisches Dokument rechtssicher – nämlich so, dass es im Streitfall in der Beweiskraft einer handschriftlich unterzeichneten Urkunde gleichkommt – gestaltet werden, sofern es eine ausreichende

E-Signatur trägt.

Geht es Ihnen darum, auf die Papierakten so weit wie möglich zu verzichten und bestimmte Dokumente nicht mehr nur als Scans in die elektronische Akte bzw. das Archiv einzufügen, sondern diese Dokumente gleich als originäre elektronische Dokumente anzufertigen?

Ein originäres elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur ersetzt die vereinbarte und die gesetzliche Schriftform und ist beweisrechtlich nach § 371a ZPO der Urkunde gleichgestellt.

  • 371a Abs. 1 ZPO lautet:

„Auf private elektronische Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, finden die Vorschriften über die Beweiskraft privater Urkunden entsprechende Anwendung. Der Anschein der Echtheit einer in elektronischer Form vorliegenden Erklärung, der sich auf Grund der Prüfung der qualifizierten elektronischen Signatur nach Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73) ergibt, kann nur durch Tatsachen erschüttert werden, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass die Erklärung von der verantwortenden Person abgegeben worden ist.“

 

Die in Abs. 1 Satz 2 genannte Verordnung (EU) Nr. 910/2014 ist die sog. eIDAS-Verordnung, welche überwiegend seit dem 1. Juli 2016 gilt. Seitdem können in allen EU-Mitgliedstaaten und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR – Island, Liechtenstein, Norwegen) Vertrauensdienste nach der eIDASVerordnung angeboten werden. Neben einer Neuregelung der elektronischen Signaturen zählen dazu unter andere auch Dienste rund um elektronische Siegel und Zeitstempel. Durch die Regelungen in der eIDAS-Verordnung wurde das deutsche Signaturgesetz weitestgehend ersetzt. Die zur Verordnung notwendigen nationalen Regelungen wurden in Deutschland mit Wirkung zum 29. Juli 2017 durch das eIDAS-Durchführungsgesetz getroffen, insbesondere das Vertrauensdienstegesetz (VDG). Eine das VDG ausgestaltende Vertrauensdiensteverordnung wurde am 15. Februar 2019 erlassen (BGBl. I S. 114).

Die eIDAS-Verordnung erlaubt es Unternehmen bzw. Betrieben nun auch, digitale Dokumente zentral mit einem elektronischen Siegel – gleichsam einem Firmenstempel – zu versehen. Damit kann der Siegelinhaber erstmals auch eine juristische Person sein. Zuvor mussten qualifizierte Signaturzertifikate grundsätzlich einer natürlichen Person zugeordnet werden. „Qualifiziert“ bedeutet dabei, dass die E-Signatur auf einem zum Zeitpunkt der Erzeugung gültigen Zertifikat beruht und mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit — etwa einer Signaturkarte — erzeugt wurde. Die Einführung des elektronischen Siegels bietet grundsätzlich auch Vorteile für die Krankenhäuser, kann aber hier nicht durchgehend praktiziert werden, da insbesondere für ärztliches Handeln weiterhin eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist.

 

Praxisbeispiele

  • Arztbriefe:

Es ist rechtlich möglich, den Arztbrief originär als elektronisches Dokument rechtssicher zu erstellen, solange sichergestellt ist, dass er mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Arztes versehen ist, die mittels Signatursoftware und elektronischem Arztausweis erzeugt wird. Ein zentrales elektronisches Siegel reicht definitiv nicht aus. Falls im elektronischen System nur der nicht unterzeichnete Arztbrief bzw. der ohne eine qualifizierte elektronische Signatur hinterlegte Arztbrief dokumentiert ist und daneben auch kein von den Ärzten unterzeichneter Ausdruck des Arztbriefes vorliegt, ist im Streitfall kaum beweisbar, dass der Arztbrief von den behandelnden Ärzten verfasst, als letztgültige Version autorisiert zum Versand freigegeben wurde. Es könnte sich bei einem nicht unterzeichneten bzw. nicht qualifiziert elektronisch signierten Arztbrief etwa um die noch nicht ärztlich autorisierte Vorab-Version aus der Verwaltung bzw. dem ärztlichen Schreibbüro handeln.

  • Ärztliche Vermerke etc.

Auch elektronische Vermerke (z.B. Sichtungsvermerke) des Arztes stellen in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße ärztliche Dokumentation und in Bezug auf die Beweiskraft der ärztlichen Dokumentation kein Problem dar, solange sichergestellt ist, dass dazu auch eine qualifizierte elektronische Signatur des Arztes (die mit Hilfe einer elektronischen Signatursoftware und des elektronischen Arztausweises erstellt wurde) vorliegt.

Falls z.B. ein ärztlicher Sichtungsvermerk zu Laborbefunden originär elektronisch gefertigt wird, müssen keine handschriftlich signierten Ausdrucke der Laborbefunde mehr in das Archiv überführt werden.

Ein zentrales elektronisches Siegel kann hier nicht ausreichen, da es nicht nur um die Dokumentation bzw. Archivierung der Laborbefunde an sich geht (die zulässigerweise zentral elektronisch erfasst werden können), sondern um den individuellen Vermerk des behandelnden Arztes als Teil der Befunderhebung, Diagnostik und Therapie.

Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang:

Wird ein Papierdokument durch Scan in das elektronische Archiv eingefügt und ist dabei eine qualifizierte elektronische Signatur in den Scanvorgang integriert, so wird durch diese Signatur nur erklärt, dass das Dokument von einer bestimmten Person eingescannt worden ist, nicht aber, dass das Dokument von einer bestimmten Person ausgestellt worden ist. Die rechtswirksame Erklärung wird dann allein durch das Papierdokument begründet. Das eingescannte elektronische Dokument weist nur auf das papiergebundene Dokument hin.

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