Umsetzung Urteil Bundessozialgerichts (BSG) vom 02.04.2025, Az.: B 1 KR 25/23 R zum Notfallstufenabschlag des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) in der Budgetverhandlung

Sehr geehrte Damen und Herren,

bekanntlich hat das Bundessozialgericht mit dem o.a. Urteil § 3 Abs. 2 S. 1 des GBA-Beschlusses zum gestuften System der Notfallstufen für nichtig erklärt. Hierüber haben wir mit unserem Newsletter vom 14.04.2025 ausführlich berichtet.

In seinem Urteil fĂĽhrt das BSG fĂĽhrt insbesondere aus:

„Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin zwar im Hinblick auf den Antrag auf Nichtigkeitsfeststellung des § 1 Abs. 1 S. 3 Notfallstufen-Regelung nicht durchdringen konnte, sie ihr wesentliches Ziel – das Nichtzahlenmüssen von Abschlägen – mit der Nichtigkeitsfeststellung des § 3 Abs. 2 S. 1 Notfallstufen-Regelung jedoch bereits erreicht hat.“

Es steht damit u.E. also abschließend fest, dass Krankenhäuser, die von den Krankenkassen mit Hinweis auf § 3 Abs. 2 S.1 Notfallstufen-Regelung auf die Bezahlung von Abschlägen in Anspruch genommen worden sind, dazu nicht verpflichtet sind. Die Entscheidung des BSG ist insofern an Deutlichkeit nicht zu überbieten.

Bis zu einer entsprechenden Neuregelung der Stufe der Nichtteilnahme durch den GBA können daher keine Abschläge erhoben werden. Die Krankenkassen versuchen dies nun offensichtlich in den Budgetverhandlungen dadurch zu umgehen, dass sie von den Krankenhäusern Vorbehaltsvereinbarungen verlangen. In Bayern wurde folgende Formulierung bekannt, die offensichtlich auf der Eben der Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände der Gesetzlichen Krankenkassen (ARGE) abgestimmt worden ist:

„Die Vertragsparteien haben das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 02.04.2025 (Az. B 1 KR 25/23 R) vor der Genehmigung dieser Vereinbarung zur Kenntnis genommen.

Das Formular D15;2025 wird aufgrund der unsicheren Rechtslage vorläufig vereinbart. Evtl. zu Unrecht oder nicht bezahlte Abschläge wegen der Nichtteilnahme an der strukturellen Notfallversorgung gemäß der anzupassenden G-BA-Regelungen und der Notfallstufenvergütungsvereinbarung werden vollständig im nächstmöglichen Zeitraum ausgeglichen.“

In den anderen Bundesländern dürfte ein ähnliches Vorgehen praktiziert werden.

Dazu ist aus unserer Sicht folgendes zu sagen:

  1. Das Urteil des BSG gelangt ausdrücklich zu dem Ergebnis, dass die Rechtsgrundlage für die Erhebung des Abschlages für die Nichtteilnahme am gestuften System der Notfallversorgung nichtig ist und die davon bisher betroffenen Krankenhäuser deshalb den Abschlag nicht bezahlen müssen. Die Rechtslage ist eindeutig, es bedarf keiner Vereinbarung einer Vorbehaltsklausel in der Budgetvereinbarung
  1. Ob, wann und mit welchem Umfang der GBA eine Neuregelung schaffen wird, ist derzeit nicht absehbar. Feststeht aber, dass eine Neuregelung – wie immer sie aussehen wird – nur für die Zukunft Geltung beanspruchen kann. Für den Budgetzeitraum 2025 wird sie somit kaum Wirksamkeit entfalten können. Eine rückwirkende Regelung ist unzulässig. Die rückwirkende Erhebung von Abschlägen wäre rechtswidrig.
  1. Daher kann es auch nicht zu einem Ausgleich der von den betroffenen Krankenhäusern im Budgetjahr 2025 nichtbezahlten Abschlägen über einen Folgebudgetzeitraum kommen.

Krankenhäusern, die in der Budgetverhandlung durch die Krankenkassen mit der Forderung nach der o.a. oder einer entsprechenden Vorbehaltsklausel konfrontiert werden ist daher zu raten:

  • die Vereinbarung dieser oder einer ähnlichen Vorbehaltsvereinbarung sollte verweigert werden;
  • das entsprechende Formular der Forderungsunterlagen (in Bayern ist dies das Formular D 15) ist nicht auszufĂĽllen;
  • die Schiedsstelle anzurufen, sofern es wegen dieser Formulierung insgesamt zu einer Nichteinigung kommt.


Was die Rückerstattung von in der Vergangenheit bezahlter Abschläge betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Nichtigerklärung des § 3 Abs. 2 S. 1 Notfallstufen-Regelung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erlasses des Notfallstufenbeschlusses wirkt. Es bestand somit zu keinem Zeitpunkt eine Rechtsgrundlage für die Erhebung dieses Abschlages. Gleichwohl geleistete Abschläge sind u.E. von den Krankenkassen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzuerstatten.

Gerne unterstützen wir Sie in diesem Zusammenhang bei der Geltendmachung Ihrer Rechte in der Budgetverhandlung, im Schiedsstellenverfahren oder bei der Rückforderung von bereits geleisteten Abschlägen.


Jens Wernick             
Rechtsanwalt                                                

Rechtsanwaltskanzlei Jens Wernick

in Kooperation mit GOEBEL FABIAN Rechtsanwälte PartG mbB

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