Alle Jahre wieder

Verjährungsfälle / Forderungsbeitreibung 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

kaum zu glauben, aber wir haben schon wieder das 4. Quartal 2025 erreicht und damit nähert sich langsam aber sicher das Jahresende.

 

Ich darf Sie – wie in den vergangenen Jahren – daher auf den drohenden Verjährungstag 31.12.2025 und den damit einhergehenden Fristen hinweisen: 

 

 

1.Ansprüche der Krankenhäuser gegen Krankenkassen

 

Für Krankenhäuser verjähren mit dem Ablauf des 31.12.2025 alle Vergütungsansprüche gegen Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung für Krankenhausbehandlungen, die bis zum 31.12.2023 fällig geworden sind.

 

Bitte beachten Sie, dass für Forderungen gegen Selbstzahler und private Krankenversicherungen die 3-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB gilt.

 

Zum 31.12.2025 verjähren somit diese Ansprüche des Krankenhauses, die bis zum 31.12.2023 fällig geworden sind.

 

 

 

2. Rückforderungsansprüche der Krankenkassen gegen Krankenhäuser

 

Rückforderungsansprüche der gesetzlichen Krankenkassen für Krankenhausbehandlungen, 

die zwischen 01.01.2022 und 31.12.2022 lagen, 

sind bereits am 31.12.2024 verjährt.

 

 

Rückforderungsansprüche der gesetzlichen Krankenkassen für Krankenhausaufenthalte, 

die im Zeitraum 01.01.2023 bis 31.12.2023 lagen, 

drohen für die Kassen zum 31.12.2025 zu verjähren. 

 

Hier ist – sofern noch nicht geschehen – ggf. mit Aufrechnungen oder auch Klagen der Kassen zu rechnen.

 

3. Verjährungsverzichtsvereinbarungen

 

Nicht selten bieten die Krankenkassen den Abschluss von Verjährungsverzichtsvereinbarungen verbunden mit der Drohung an, die betroffenen Rückforderungen einzuklagen, falls die Vereinbarung nicht vom Krankenhaus gegengezeichnet wird. Von Ausnahmesituationen abgesehen wird grundsätzlich davon abgeraten, solche Verjährungsverzichtsvereinbarungen abzuschließen.

 

Diese sind regelmäßig nur von Nachteil für das Krankenhaus, da es den Krankenkassen ein weiteres Zeitfenster einräumt, Entscheidungen in ihrem Sinne vorzubereiten und umzusetzen. Denn ohne den
Aufschub sind die Krankenkassen unter Zeitdruck gezwungen zu entscheiden, ob die Forderung geeignet ist oder ob genug Masse für eine Verrechnung im Raum steht. Nicht selten ergeht im Nachhinein auch eine unerwartete Entscheidung des Bundessozialgerichts, welches die Position des Krankenhauses in den von Verjährungsverzicht betroffenen Fällen verschlechtert oder gar zerstört.

 

Schließlich führt ein Verjährungsverzicht auch nur zum Aufschieben des Problems. Nicht selten werden die Fälle, für die in einem Jahr ein Verjährungsverzicht vereinbart wurde, dann gegen Ende des folgenden Jahres doch noch hektisch von einer Seite beklagt. Denn ein Problem, welches in einem Zeitraum von zwei bzw. vier Jahren nicht gelöst werden konnte, wird sich regelmäßig auch im dritten oder fünften Jahr nicht lösen lassen. Zielführender ist eine zeitnahe Entscheidung darüber, ob strittige Fälle auch gerichtlich durchsetzbar oder zu verteidigen sind. In diesem Fall bedarf es dann keines Verjährungsverzichtes mit den damit einhergehenden Problemen.

 

Ist der Fall hingegen unsicher und es besteht Verrechnungspotential für die Krankenkasse, so bedarf es ebenfalls keines Verjährungsverzichts. In diesem Fall kann abgewartet werden, ob die Krankenkasse überhaupt in der Lage ist, die Verrechnung bis zum Ende der Verjährungsfrist umzusetzen.

 

Sollten im Ausnahmefall gleichwohl die Unterzeichnung einer Verjährungsverzichtsvereinbarung unumgänglich sein, wird dazu geraten, diese vor Abschluss juristisch überprüfen zu lassen.

 

4. Keine Verjährungshemmung durch MD-Prüfung

 

Bereits mit Urteil vom 19.09.2013 (Az.: B 3 KR 30/12 R) hatte das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass es durch die Einleitung eines MDK-Verfahrens nicht zu einer Hemmung des Verjährungseintritts kommen kann. Auch wenn im Sozialrecht grundsätzlich andere Verjährungsregeln als im Zivilrecht gelten, so finden die Vorschriften des BGB über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung zwar gem. § 45 Abs. 2 SGB I auch auf das Abrechnungsverhältnis zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Krankenhäusern Anwendung. § 204 Abs 1 Nr. 1 BGB, wonach die Verjährung durch die Einleitung eines vereinbarten Begutachtungsverfahren gehemmt wird, ist jedoch nach Auffassung des BSG nicht auf das Prüfverfahren anwendbar, weil es sich dabei nicht um ein „vereinbartes Begutachtungsverfahren“ im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB handelt, sondern die Durchführung der MDK-Begutachtung einer gesetzlich vorgesehenen öffentlich-rechtlichen
Verpflichtung entspricht.

 

Diese Rechtsprechung des BSG wurde vom Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.08.2018, Az.: L 16 KR 349/18) auch für den Fall bestätigt, in dem der MD aufgrund eines „Widerspruchs“ seitens des Krankenhauses eine erneute Begutachtung durchgeführt hatte, die aber das Ergebnis der Erstbegutachtung bestätigte. Wenn sich das Krankenhaus mit einem ärztlichen Widerspruch direkt an den MD wendet und dieser das Begutachtungsverfahren fortsetzt, liege – so das LSG – insofern ebenfalls kein „vereinbartes Begutachtungsverfahren“ vor, denn es fehle an einer direkten Kommunikation zwischen den Parteien des Abrechnungsverfahrens. Das LSG hatte dabei auch berücksichtigt, dass der ärztliche Widerspruch des Krankenhauses sehr zeitnah nach der Erstbegutachtung erhoben worden ist und dass die Krankenkasse erst sehr spät einen Gutachtenauftrag an den MD erteilt hatte. Mit anderen Worten: „Wenn das Krankenhaus sich auf seinen ärztlichen Widerspruch verlässt und keine gerichtlichen Schritte zur Verjährungshemmung unternimmt, ist es selbst schuld!“

 

Nach unserer Auffassung beansprucht diese Rechtsprechung auch weiterhin Gültigkeit, insbesondere auch nach Inkrafttreten des MDK Reformgesetzes zum 01.01.2020. Auch wenn der MD nun Fallprüfungen als rechtlich von den Krankenkassen unabhängige Institution durchführt, handelt es sich dabei weiter um eine Verfahren, welches auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung durchgeführt wird. Nach wie vor handelt es sich somit nicht um ein vereinbartes Begutachtungsverfahren im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB.

 

 

Diese Rechtsprechung gilt sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten der Krankenhäuser. d.h.:

 

        
Offene Krankenhausforderungen aus dem Jahr 2023 verjähren zum 31.12.2025, sofern nicht
die notwendigen Schritte unternommen werden um den Eintritt der Verjährung zu verhindern.

 

         
Rückforderungen der Krankenkassen aus dem Jahr 2023 können ebenfalls zum 31.12.2025 verjähren, sofern nicht seitens der Krankenkasse entsprechende Schritte unternommen werden. Hier gilt aber, dass sich die Krankenkassen u.U. darauf berufen können, dass sie erst mit dem Gutachten des MD Kenntnis von anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt haben, so dass gem. § 199 Abs. 1 BGB der Lauf der Verjährung erst mit Bekanntgabe des Gutachtens beginnen könnte. Nach unserer Auffassung gilt dies aber jedenfalls nicht in dem Fall, in dem nach einem ärztlichen Widerspruch des Krankenhauses der MD erneut in die Prüfung eingetreten ist. In diesem Fall hat die Krankenkassen nämlich bereits mit dem Erstgutachten von etwaigen Rückforderungsgründen Kenntnis erlangt.

 

Bitte beachten Sie dies bei der Prüfung Ihrer Verjährungsfälle.

 

5. Erstattungsansprüche in Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG)

    vom 02.04.2025, Az.: B 1 KR 25/23 R zum Notfallstufenabschlag

 

Wie bereits an anderer Stelle mitgeteilt, hat das BSG mit Urteil vom 02.04.2025 entschieden, dass 

§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Notfallstufenbeschlusses nichtig ist und somit keine Rechtsgrundlage für die Vornahme von Abschlägen wegen Nichtteilnahme an der stationären Notfallversorgung existiert.

 

Dies gilt nach unserer Auffassung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Notfallstufenbeschlusses.

 

Sicher wurden Sie von Ihrer Krankenhausgesellschaft über die in diesem Zusammenhang aktuell stattfindenden Diskussionen zu einer Rückforderung der rechtsgrundlos gewährten Abschläge und die in diesem Zusammenhang denkbaren Verjährungsprobleme hingewiesen.

 

Diese Diskussion wollen wir hier nicht noch einmal vertiefen. Wir empfehlen zeitnah zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang, in welcher Weise Sie Forderungen auf Erstattung geltend machen wollen und ob dabei eine der vorstehenden Verjährungsfristen zu beachten ist.

 

Im Zweifelsfall empfehlen wir zur Verjährungshemmung Klage zu erheben.

 

Hierzu sollten Sie Rechtsrat in Anspruch nehmen.

 

Gerne unterstützen wir Sie und stehen Ihnen selbstverständlich für eine persönliche

Beratung zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Jens Wernick             

Rechtsanwalt                                                

 

Rechtsanwaltskanzlei Jens Wernick

in Kooperation mit

GOEBEL FABIAN Rechtsanwälte PartG mbB

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