Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts zum Notfallstufenabschlag des Gemeinsamen Bundesausschusses (BSG v. 02.04.2025, Az.: B 1 KR 25/23 R) Ergänzungsmitteilung zu unserem Newsletter vom 19.09.2025

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

im Nachgang zu unserem Newsletter vom 19.09.2025 möchten wir Sie noch über die folgenden Punkte informieren:

 

1.      Die von den Krankenkassen vorgeschlagene Vorbehaltsklausel, über die wir berichtet haben, wurde offensichtlich zwischen den Krankenkassen und der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) bereits im Juni 2025 abgestimmt mit dem Ziel einer durch das Urteil eingetretene  „rechtlichen Unsicherheit“ zu begegnen. Es wird insofern auf die Veröffentlichung dazu im Mitgliederbereich auf der Homepage der BKG verwiesen. Ob es in anderen Bundesländern dazu ähnliche, mit den Landeskrankenhausgesellschaften abgestimmte Formulierungen gibt, ist uns nicht bekannt.

 

2.         Die Entscheidung des BSG wurde mit den in der mündlichen Verhandlung erläuterten Gründen bereits mit einer Pressemitteilung des BSG am 03.04.2025 bekannt gemacht. Dort findet sich auch insbesondere der Hinweis, dass § 3 Abs. 2 S.1 des Notfallstufenbeschlusses für nichtig erklärt worden ist. Es war also bereits an diesem Tag klar, dass bis zur Neuregelung der Stufe der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung, keine Rechtsgrundlage dafür besteht, dass diese Stufe in den Budgetverhandlungen vereinbart und Abschläge bezahlt werden. Wo insofern eine unsicher Rechtslage bestehen soll, ist nicht erkennbar.

 

3.       Die Formulierung wurde zwischen der BKG und der Kassenseite vor der Veröffentlichung der Urteilsgründe zu der BSG Entscheidung abgestimmt.  Die Veröffentlichung der Gründe erfolgte erst Anfang August 2025. Insofern könnte man vermuten, dass mit der Formulierung die Zeit zwischen dem Erlass des Urteils und der Veröffentlichung der Gründe überbrückt werden sollte. Unabhängig davon, dass dies – u.E. nicht erforderlich war – bedeutet dies, dass aber jedenfalls jetzt der Abschluss dieser Vereinbarung nicht mehr erforderlich ist. Etwa bereits getroffene Vereinbarungen werden nicht mehr benötigt.

 

4.         Bei der Formulierung handelt es sich u.E. um eine unverbindliche Empfehlung, die insbesondere von den Krankenhäusern nicht angewandt werden muss. Bei einer Weigerung der Krankenkassen die Budgetvereinbarung nicht ohne diese Klausel abzuschließen, sollte die Schiedsstelle angerufen werden.

 

5.   Krankenhäuser, die ihre Budgetvereinbarung bereits abgeschlossen haben, sollten den Krankenkassen mitteilen, dass nach Veröffentlichung der Urteilsbegründung eine unsichere Rechtslage nicht mehr vorliegt und insofern ein Bedarf für diese Regelung nicht mehr besteht. Etwa in 2025 weiter bezahlte Abschläge sollten zurückgefordert werden. Nicht bezahlte Abschläge sollten auch nach Erlass einer Neuregelung nicht an die Krankenkassen erstattet werden. Sofern die Krankenkassen eine Erstattung auf dem Wege eines Ausgleichs im Budgetzeitraum 2026 geltend machen sollten, so sollte man einen solchen Ausgleich generell verweigern. Es dürfte zumindest strittig sein, ob Abschläge wegen der Nichtteilnahme an der stationären Notfallversorgung überhaupt ausgleichsfähig sind. Dies betrifft insbesondere die Abschläge des Jahres 2025, aber selbstverständlich auch die Zeit seit Inkrafttreten des Notfallstufenbeschlusses.

 

6.    Um eine drohende Verjährungsdiskussion zu vermeiden, sollten etwaige Rückforderungen schnellstmöglich geltend gemacht werden – unabhängig davon, welche Neuregelung der GBA erlassen wird.

 

 

Bekanntlich soll über eine Neuregelung des Notfallstufenabschlages im Rahmen der Sitzung eines Unterausschusses zum GBA am 08.10.2025 verhandelt werden. Der Entwurf einer Neuregelung dürfte also bei der DKG bereits bekannt sein, darf aber – wegen der in § 27 der Geschäftsordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegten Verpflichtung zur Vertraulichkeit – nicht bekannt gemacht werden. Die Krankenhäuser befinden sich also in der misslichen Lage, nicht zu wissen, was auf sie zukommt und können nicht einschätzen, welche Auswirkung diese für sie haben wird. Vermutlich wissen die Krankenkassen, sehr genau, welche Position der GKV-Spitzenverband im GBA dazu vertreten wird. Die Budgetverhandlungen können daher nicht auf gleicher Augenhöhe geführt werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die DKG-Vertreter in der Sitzung des Unterausschusses dem Entwurf der Neuregelung nicht zustimmen werden, da in diesem Fall das Plenum des GBA in einer für den 20.11.2025 in Aussicht gestellten Sitzung darüber zu entscheiden hat. Dies würde den Krankenhäusern für die aktuellen Budgetverhandlungen noch etwas Zeit verschaffen, die grundsätzlichen Probleme aber selbstverständlich nicht lösen.

 

Die aktuelle Entwicklung zeigt einmal mehr, dass dringender politischer Handlungsbedarf hinsichtlich der Tätigkeit des GBA als untergesetzlichem Normsetzer besteht:

 

         – Es kann nicht angehen, dass der GBA hinter verschlossenen Türen über Rechtsnormen    

         verhandelt, die für die Krankenhäuser unmittelbar verbindlich sein sollen und die mit erheblichen         finanziellen Belastungen verbunden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um                           Notfallabschläge oder andere Regelungen handelt.

 

         – Die Erforderlichkeit und Sinnhaftigkeit der Zu- und Abschläge zur stationären Notfallversorgung ist      vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen (Pflegebudget) und der  

         künftigen Entwicklungen (Leistungsgruppen als Finanzierungsgrundlage, Vorhaltebudget) generell      zu hinterfragen.

 

         – Die Ausgestaltung von Umverteilungsregelung wie sie insbesondere durch die Finanzierung der          Zuschläge durch die Abschläge ermöglicht werden sollen, können nicht der Selbstverwaltung              überlassen werden. Hier bedarf es einer Regelung durch den Gesetzgeber selbst.

 

Es ist zu hoffen, dass die Krankenhausverbände diese Aspekte aufgreifen und in die politische Diskussion einbringen.

 

Für die aktuellen Budgetverhandlungen wird dies  wahrscheinlich nicht mehr weiterhelfen.

 

Sofern Sie insofern unsere Unterstützung wünschen, stehe wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Jens Wernick             
Rechtsanwalt                                                

Rechtsanwaltskanzlei Jens Wernick

in Kooperation mit GOEBEL FABIAN Rechtsanwälte PartG mbBv

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